Freitag, 28. August 2020Idee zur Wahlrechtsreform Bundestag an Hand des Beispiels Bayern.Freie demokratische Wahlen sind ein Eckpfeiler unseres politischen Systems, einer parlamentarischen Demokratie. Jeder Bürger soll mit seiner Stimme dazu beitragen einen möglichst gerechten Anteil am Gesamtsystem zu haben.
Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass unser Wahlrecht nicht mehr dem Zeitgeist entspricht und wir wieder zu einer Zersplitterung der Parteienlandschaft neigen. Um die Wahlergebnisse „aufzufangen“ gibt es im Bundestag Ausgleichsmandate.
Dennoch ziehe ich gerne Vergleiche zur Weimarer Republik in der immer mehr Parteien eine Regierungsbildung erschwerten. Wie lange regiert jetzt schon die große Koalition in Berlin?
Erst diese Woche habe ich mich mit jemandem aus der Region Erlangen unterhalten. Dort wird mit einer 5-6- Parteien“mehrheit“ gearbeitet, da die SPD „nicht mit der CSU kann“. Aber wenn das Mitglied von „DIE Partei“ eine eigene Meinung hat… ist die Mehrheit weg. Aber.. das ist richtig. Das ist Demokratie… und.. jeder Abgeordnete / gewählte Kommunalvertreter ist frei in seiner Entscheidung. Dennoch erschwert so etwas die Willensbildung und Kompromisse. Die SPD sollte dort vllt. nochmal nachdenken, wie man alle ins Boot holt.
Eigentlich hat unser Bundestag 598 Abgeordnete. 299 direkt gewählte und 299 Abgeordnete über die Zweitstimme. Divergieren nun Erst- und Zweitstimmen zu weit auseinander, bekommt eine Partei mehr Abgeordnete, als ihnen nach dem eigtl. geltenden Verhältnis der Zweitstimmen zustehen – und es kommt zu Ausgleichsmandaten. Und schwupps… hat der Bundestag 709 Abgeordnete – je nach Wahlausgang in den Bundesländern.
Seit Jahren wird darum gerungen, das Wahlsystem zu überarbeiten. Klar – keiner will abgeben. Aber im Endeffekt braucht es endlich einen harten Schnitt. Gerichte und Wähler schütteln ob dieser Farce die Köpfe und mahnen zur Überarbeitung.
Dabei wäre es recht einfach, ein faireres System zu implementieren. Ich möchte hier eine Idee mit zwei Varianten präsentieren, die zu einem Bundestag mit 598 Abgeordneten führen und auch weitere Aspekte bedienen.
Seit Jahren gibt es immer wieder Bestrebungen „mehr direkte Demokratie“, „mehr Beteiligung der Bürger“ an Entscheidungen zu haben. Aus dieser Idee heraus schlage ich vor: wir haben 299 Wahlkreise – also 299 Direktmandate und 299 per Zweitstimme zu verteilende Sitze.
Lasst uns hier wirklich trennen.
Nehme ich das Ergebnis 2017 für Bayern:
46 Wahlkreise, alle von der CSU „direkt“ gewonnen. Durch die Idee der Ausgleichsmandate gibt es in Bayern aber nicht 46 Listenkandidaten in Berlin, sondern 62 (18 SPD, 11 Grüne, 12 FDP, 14 AFD, 7 Linke). Also satte 16 Abgeordnete mehr. Ja – schön – für Bayern. Aber nicht die Intention von Wahlkreisen und möglichst gleicher Vertretung der Bevölkerung. Schon durch die Landeslisten der einzelnen Partei mehrere Abgeordnete in einigen Kreisen – andere haben nur ihren Direktkandidaten. Aber so hat ein Bundesland insgesamt mehr Abgeordnete, als zustünden. Es zieht also einiges nach sich.
Trennen wir also nun gedanklich die Mandate in zwei Hälften. Es gibt die Erststimmenkandidaten jedes Wahlkreises. Dieser repräsentiert einen Stimmkreis und vertritt in erster Linie dann seine Bürger vor Ort (so verstehe ich dieses Amt als Stimmkreisabgeordneten).
Dann gibt es die Listen/Partei-Kandidaten der Landeslisten, die seitens einer festen Reihe in den Bundestag ziehen sollen. Hier werden bei Aufstellungen Qualifikationen und Regionen berücksichtigt. Macht Sinn.
Also sehen wir dies als zwei Wahlen. Damit sind die Erststimmenkandidaten klar. Der mit den meisten Stimmen gewinnt, 46 Kandidaten stehen fest.
Nun kommen die Zweitstimmen zum Zug. Hier mal das Ergebnis der Parteien über 5% aus 2017:
Wenn wir nun die anderen 46 Stimmkreis-Mandate an Hand der Zweitstimmen verteilen, können wir zwei Sichtweisen einnehmen:
Wir betrachten nur die Zweitstimmen, oder wir betrachten die Gesamtstimmenzahl, die auch die Erststimmen einschließt. Diese würden dann aber 2x zum Zuge kommen. Fair? Weiß nicht. Aber es käme natürlich der tatsächlichen Stimmenverhältnisse näher.
Auf Grund des Rundens benötigen wir auf jeden Fall dann eine Antwort auf die Frage, was mit rechnerisch zu wenig Mandaten geschieht. Diese könnte man ähnlich der Verteilung bei Hare-Niemeyer nach der Nachkommastelle vergeben.
In beiden Fällen würden zusätzliche Plätze an die Listen vergeben müssen. Im ersten Beispiel entscheidet der Nachkommarest der Multiplikation sogar noch über den 7. Fehlenden Platz (CSU 0,85 <> Linke 0,81). Aber man könnte auch ein Divisorverfahrer nutzen. Egal, es soll ja nur ein Beispiel sein.
Demnach sähe die Verteilung der einziehenden Listenkandidaten wie folgt aus:
Vorteile und Nachteile einer solchen Reform.
Die Direktkandidaten werden aufgewertet. Demnach spiegelt das Wahlergebnis nicht mehr die Prozentverteilungen nach der Zweitstimmene 1:1 wieder. Da die Wähler jedoch immer weniger eine Parteipräferenz haben oder treu bleiben oder Erst- und Zweitstimme aufteilen wird ihr Wille abgebildet: „Ich möchte den Direktkandidaten der Partei A aber unterstütze die Partei B für die Liste“.
Tendenziell erwarte ich von einer solchen Wahl eine klarere Regierungs-/Koalitionsbildung. Zudem haben die Parteien wieder einen größeren Ansporn, tätig zu werden. Denn wenn ich über “Ausgleichsmandate“ mehr Abgeordnete bekommen kann, lähmt das meiner Meinung nach den Arbeitseifer. Wenn es tatsächlich wieder darum geht, wer ist der Beste der Kandidaten, werden auch wieder Programme und Ideen von den Wählern kritischer hinterfragt. Der einzelne Bewerber müsste mehr tun.
Ja auf den ersten Blick sieht es aus, als ob es kleinere Parteien benachteiligt. ABER.. Ausgleichsmandate sind keine Bevor- oder Benachteiligung: sie sind eigtl. als Ausnahme gedacht gewesen. Zudem sollte man bedenken: Es gibt keine „großen“ und „kleinen“ Parteien mehr. Die Grünen, Linke oder AFD erreichen auch Prozente um 30%. Die Grünen und Linken stellen Direktabgeordnete und Ministerpräsidenten in den Ländern. Von daher sollte der Wettbewerb der Parteien mit betrachtet werden.
Einer der Hauptvorteile ist aber die korrekte Anzahl an Abgeordneten. Der Bundeshaushalt wird es danken.
Demokratie:
Griech: „Volksherrschaft“ Staatsform, in der die vom Volk gewählten Vertreter die Herrschaft ausüben; mittelbare, parlamentarische, repräsentative, unmittelbare
aus Duden: Die deutsche Rechtschreibung, 21. Auflage, 1996
politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat
aus OxfordLanguages
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